Kunstschmied Gloggner, Bergsteigerdorf Kreuth, © Sabine Ziegler-Musiol

Wie kommt die Gams auf den Bergsteigerschuh?

Zeitgenössische Ideen umgesetzt

Neckisch blickt sie nach unten zum Bergsteiger, der ihr entgegen kraxelt, und scheint sich zu fragen: „Wos duast denn Du do herob’n?“ Hier oben, in ihren herrlichen Kreuther Bergen... Verwundert ist die Gams, dann springt sie davon. Sie hat genug gesehen und weiß, der Mensch müht sich, aber kommt ihr nicht nach. Doch der Mensch müht sich nicht bloß. Nein, er atmet begeistert und in vollen Zügen die frische Kreuther Bergluft und genießt die herrliche Aussicht: von Roß- und Buchstein, Halserspitze, Risserkogel und all den anderen Gipfeln. Wie herrlich das Wandern und Bergsteigen ist – und wie gut es auch den Sommerfrischlern tut – wusste im 19. Jahrhundert schon Herzog Ludwig Wilhelm. Darum stellte er Bernhard Gloggner‘s Urgroßvater Josef nicht nur als Zimmerer an, sondern auch als Bergführer für die Gäste aus der Stadt.

DER TRADITION TREU VERPFLICHTET

Seither haben die Gloggners viele Bergsteiger und Bergführer hervorgebracht, die teils sogar an weltweiten Expeditionen teilgenommen haben. Auch dem Handwerk sind sie treu geblieben. Wie der Kunstschmied Bernhard Gloggner, der die Liebe zum Schmiedehandwerk von seinem Vater geerbt hat,  welcher ereits im Herzoglichen Haus in Wildbad Kreuth als Kunstschmied und Schlosser arbeitete. Gemeinsam mit seinem Schulkameraden Hans Reichhart absolvierte er Lehre und Meisterprüfung. Danach gründeten sie die Kunstschmiede Gloggner & Reichhart in Kreuth-Point und blieben dem traditionellen Handwerk treu. Industriell vorgefertigte Stanz- oder Zubehörartikel kommen in ihrer Schmiede nicht zum Einsatz – hier wird alles selbst gemacht.

ZEITGENÖSSISCHE IDEEN UMGESETZT

Fragt man Bernhard Gloggner zu den wichtigsten Werkzeugen in der Kunstschmiedewerkstatt, nennt er zuerst einmal: Zeichenstift, Kohle und Kreide – denn jede Arbeit beginnt mit einem Entwurf. Das Zeichnen und Entwerfen, das habe ihm schon immer gelegen. Und so hat er sich auch an die Arbeit gemacht, als die Gemeinde ihre Kreuther Kunstschmiede um kreative Ideen für das Bergsteigerdorf bat. Bei der Schmiedearbeit, so der Wunsch aus dem Rathaus, sollten ein Bergsteiger und eine Gams vorkommen. Nur zu gern knüpfte Gloggner daraufhin an die Bergsteigertradition seiner Familie an. „Kreutherisch“ sollte der Bergsteiger sein, mit Hut und Rucksack. Dann hatten sie noch den Einfall mit dem Bergschuh als Gipfel. Für den Entwurf stand Lehrling Leonhard Hagn, der auch bei der Bergwacht aktiv ist, im Schärfener Steinbruch „Modell“. Heute findet man die Eisenskulptur nicht nur auf einem Stein vor dem Rathaus und in der Tourist-Information. Die Kunstschmiede  fertigen auch eine Miniaturausgabe und ein Windspiel für den Garten, ebenfalls beliebt ist die Variante mit Lärchenholzsockel.

VON MARTERLN, GRAB- UND GIPFELKREUZEN

Ist ein Entwurf fertig, kommen die Schmiedewerkzeuge zum Einsatz: Schmiedehammer, Amboss und natürlich auch zeitgemäße Maschinen wie Schweißgerät, Schleif- und Bohrmaschinen. Hauptsächlich wird mit Eisen gearbeitet, aber auch Edelstahl, Messing, Bronze und Kupfer kommen zum Einsatz. Wer über den Kreuther Friedhof spaziert, findet allerhand traditionelle und zeitgemäße Grabkreuze, die aus der Werkstatt von Gloggner & Reichhart stammen. Viele der alten „Marterl“, die man beim Wandern in den Kreuther Bergen sieht, wurden von der Kunstschmiedewerkstatt repariert oder restauriert. Gipfelkreuze sind meist aus Lärchenholz, aber die Halterungen und Beschläge, beispielsweise für die beiden Kreuze am Hirschberg, entstehen ebenfalls in der Werkstatt.

„EISEN MUSS MAN SCHMIEDEN, SO LANGE...?“

Der Kunstschmied bietet eine andere Antwort als „...es heiß ist“. Er ist überzeugt: „Nur Pessimisten schmieden das Eisen, so lange es warm ist“. Und fügt hinzu: „Optimisten vertrauen darauf, dass es nicht erkaltet“. Auf die Frage hin, was Kreuth für ihn bedeute, verweist er auf die lange Familiengeschichte: „Wir sind schon seit vielen Generationen in Kreuth ansässig.“ Deshalb steht der Ort für Heimat, Tradition und Verbundenheit mit dem Erbe der Vorfahren, in deren Haus er mit seiner Familie noch heute lebt.

SAGENHAFT!

In Kreuth sind sogar drei Kunstschmiedebetriebe ansässig.

Impressionen

Kunstschmied Gloggner, Bergsteigerdorf Kreuth 1, © Sabine Ziegler-Musiol
Kunstschmied Gloggner, Bergsteigerdorf Kreuth 1

© Sabine Ziegler-Musiol

Kunstschmied Gloggner, Bergsteigerdorf Kreuth 2, © Sabine Ziegler-Musiol
Kunstschmied Gloggner, Bergsteigerdorf Kreuth 2

© Sabine Ziegler-Musiol

Wie kommt die Gams auf den Bergsteigerschuh, Kunstschmied aus Kreuth, © Sabine Ziegler-Musiol
Wie kommt die Gams auf den Bergsteigerschuh, Kunstschmied aus Kreuth

© Sabine Ziegler-Musiol