Viktoria Rebensburg 01, © Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)

Viktoria Rebensburg

Skirennläuferin und Olympiasiegerin

Viktoria Rebensburg ist Olympiasiegerin – Gold in Vancouver, Bronze in Sotschi – und zweimalige Vize-Weltmeisterin im Riesenslalom. Sie war mit 16 Jahren bereits Deutsche Meisterin im Super-G und hat insgesamt 19 Weltcup-Siege eingefahren. Trotz des internationalen Rummels um ihre Erfolge ist sie so natürlich, bodenständig und unprätentiös geblieben wie der Ort, an dem sie aufgewachsen ist: das Bergsteigerdorf Kreuth am schillernden Tegernsee.

Steckbrief
Name: Viktoria Rebensburg
Geburtstag: 4. Oktober 1989
Geburtsort: Tegernsee
Wohnort: Kreuth
Worum geht’s? Wintersport

Du hast eine traumhafte Skikarriere hingelegt und bewiesen, dass man nicht in einem großen Skigebiet aufwachsen muss, um es an die Weltspitze zu schaffen. Wo hast du deine ersten Schwünge auf Skiern gemacht?

Ein großes Skigebiet ist nicht das Wichtigste, sondern ein guter Verein und ein Trainer, der das Skifahren mit Spaß und Leidenschaft vermittelt. Ich bin ganz in der Nähe des Hirschbergs aufgewachsen und dort habe ich auch Skifahren gelernt. Wenn man hier wohnt, bieten Hirschberg und Kirchberg gute Möglichkeiten, man kann quasi jeden Tag nach der Schule Skifahren. Aber ich bin auch am Setzberg gefahren, am Wallberg und später am Sonnenbichl.

Wann hast du zum ersten Mal auf Ski gestanden?

Mit drei Jahren etwa.

Wie hat dich deine Familie unterstützt?

Meine Eltern sind keine ausgesprochen ambitionierten Rennfahrer. Aber sie haben mich und meine Geschwister natürlich schon als Kinder beim Skiclub Kreuth angemeldet. Wenn man hier aufwächst, dann fährt man Ski. Das Racing Fieber hat mich früh schon gepackt und ich bin von Anfang an gern Rennen gefahren. Meine Eltern haben mich dabei immer unterstützt, und auch der Verein, in dem alle die gleiche Leidenschaft teilen.

Wann wusstest du, dass Du dein Hobby zum Beruf machen möchtest?

Ich habe zwar schon als Kind, wenn ich gefragt wurde, was ich werden will, gesagt: Skifahrerin. Aber eigentlich war ich zunächst eher im Mittelfeld. Nur als Achtjährige bin ich einmal in der Gesamtwertung Zweite geworden. Als die Entscheidung in Richtung Skijugend anstand, hat sich herausgestellt: Ich kann eigentlich doch ziemlich schnell fahren. Ab dem Jugendkader zeichnete sich der Weg klarer ab. Ich wusste dann: Als nächstes möchte ich ein Europacup Rennen fahren und danach möchte ich einen Weltcup fahren. Damit man es tatsächlich an die Weltspitze schafft, müssen allerdings viele Mosaiksteine zusammenpassen.

Höhepunkt deiner Karriere: 2010 Olympia Gold in Vancouver und damit als 20-Jährige an die Weltspitze. Was war das für ein Gefühl?

Mein Ziel war es immer, ganz oben zu stehen, egal ob es nun Weltcup oder Olympia ist. Aber zuvor hatte ich noch nie ein Weltcuprennen gewonnen. Und dann Olympiagold in Vancouver im Riesenslalom zu holen, das war für mich unglaublich. In so jungen Jahren der vermeintlich sportlich größte Erfolg gleich beim allerersten Rennen – das war zunächst einmal schwer zu begreifen. Plötzlich ist man überall auf dem Radar, sowohl in der Skiszene als auch medial.

Wie hast du es geschafft, trotzdem so bodenständig zu bleiben?

Dazu braucht es ein gutes Umfeld, und das war mir immer wichtig: Familie, Freunde und meine Heimat als Rückzugsort. Hier konnte ich mich immer wieder erholen, Kraft tanken und auf neue Aufgaben fokussieren. Mir liegt es völlig fern, abgehoben zu sein, nur weil ich irgendetwas gut kann. Alle Menschen kochen nur mit Wasser, auch ich.

Was war bisher die größte Herausforderung in deiner Sportkarriere?

Die WM in St. Moritz 2017 – sie war mein sportlicher Tiefpunkt. Da bin ich im Super-G nur knapp Vierte geworden. In der Abfahrt war ich nicht gut, im Riesenslalom bin ich ausgeschieden. Vieles ist nicht rund gelaufen – das war eine einschneidende Erfahrung. Aber wie sagt man so schön: Man lernt am meisten aus seinen Niederlagen. Ich glaube, dass ich ohne diese Niederlage danach nicht noch einmal so erfolgreich geworden wäre. Mit Erfolgen und Niederlagen gleichermaßen umzugehen, das muss man als Sportlerin lernen. Dabei muss man alle kleinen Puzzlesteinchen umdrehen, um genau zu analysieren: Was kann ich anders machen, um noch besser zu werden?

Im Rahmen deiner Sportkarriere hast du eine Ausbildung zur Zollwachtmeisterin absolviert und dann Sportmarketing studiert?

Es gibt für Sportler drei Möglichkeiten: Polizei, Zoll oder Bundeswehr, und ich habe mich für Zoll entschieden. Beim Zoll bin ich inzwischen ausgeschieden und habe mich selbstständig gemacht.

Nachdem du 2020 deine aktive Skikarriere beendet hast, wie geht es bei dir weiter?

Ich habe nach wie vor viel mit Partnern und Sponsoren zu tun. Für Eurosport kommentiere ich beispielsweise Skirennen – wie dieses Jahr bei den Olympischen Spielen in Peking. Im Sommer steht mein Kindergesundheits-Projekt „Fit und Aktiv“ im Mittelpunkt. Das habe ich bereits 2016 mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und der Molkerei Berchtesgadener Land ins Leben gerufen. Das liegt mir sehr am Herzen. 

Worum geht es bei „Fit & Aktiv“ genau?

Ziel des Programms ist es, Kinder in Bayern frühzeitig für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren. Die Hauptzielgruppe sind Kinder der fünften und sechsten Klassen. Wir versuchen ihnen spielerisch die Themengebiete Bewegung, Ernährung, Entspannung, Selbstwirksamkeit und Vorsorge näher zu bringen. Sie sollen im Alltag die Gesundheitsaspekte bewusst wahrnehmen und dabei eigenverantwortlich handeln lernen. Bei der Selbstwirksamkeit geht es uns darum, zu wissen, wo die Energie und das Vertrauen dafür herkommen. Und dass beispielsweise Familie und Heimat Kraftquellen dafür sind.

Und dann hast du auch die Skilehrerausbildung gemacht – was hat es damit auf sich?

Ja, und ich habe es nicht bereut. Es macht mir Freude, auf dem Gebiet etwas weiterzugeben. Die Methodik hilft mir auch, wenn ich mit den Partnern unterwegs bin – oder mit der Familie und im Freundeskreis. Es macht einfach Spaß, aber ich werde keine Skilehrerin im klassischen Sinn.

Während deiner Skikarriere hast du immer auf kurze Strecken, Kraft und Zeit trainiert. Jetzt hast du Neuland betreten und mit zwei Freeriderinnen auf Tourenski die „Trans Salzburgerland“ gemacht – was war dabei die größte Herausforderung?

Die Tagestouren im hochalpinen Gelände waren eine komplett andere Art körperlicher Anstrengung. Das Skifahren selbst und auch das Alpine waren dabei weniger die Herausforderung, weil ich habe weder Höhenangst noch Schwierigkeiten, mich in höheren Berglagen zu bewegen.

Du bist ein Kind des Bergsteigerdorfes – also ein Bergkind. Dann ist auch das Tourengehen etwas, das dir entspricht?

Die Ruhe und die Freiheit beim Tourengehen gefallen mir sehr. Da kann ich mir aussuchen, wo ich raufgehe und wo ich runterfahre. Inmitten der Natur sein, das ist wahnsinnig schön und gibt mir viel.

Die Kreuther sind stolz auf dich. Seit letztem Jahr bist du Ehrenbürgerin des Bergsteigerdorfes. Was bedeutet das für dich?

Dass ich die einzige lebende Ehrenbürgerin Kreuths bin, ist eine besondere Ehre für mich. Klar, ich komme aus Kreuth, deshalb liegt mir mein Heimatort besonders am Herzen, aber es ist die ganze Region, in der ich zuhause bin. Deshalb freut mich auch die Partnerschaft mit der Region DER TEGERNSEE.

Wenn du das Kreuth deiner Kindheit mit heute vergleichst – was hat sich verändert?

Grundsätzlich hat sich nicht so viel verändert. Es ist toll, dass beispielsweise der Bäcker immer noch selbst backt. Als Kinder haben wir da immer Zuckerschlangen gekauft. In den anderen Orten rund um den See hat sich mehr im Ortsbild verändert. Kreuth hat mit der Bergsteigerdorf-Philosophie einen anderen Weg gewählt: Mit der Zeit zu gehen und dabei trotzdem den Ort so natürlich und ursprünglich wie möglich zu erhalten. Je älter ich werde, umso mehr kann ich die Ruhe schätzen und das „normale“ Dorfleben.
 

Wie kann aus deiner Sicht nachhaltiger Wintersport aussehen?

Das ist grundsätzlich ein schwieriges Thema, weil der Skisport ‚per se‘ nicht der nachhaltigste Sport ist. Aber die Infrastruktur ist schon da. Es gibt gute Lifte, gute Skigebiete. Deshalb muss man das nicht – nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ – noch mehr ausbauen, sondern das, was man hat, gut und nachhaltig pflegen. Darum geht es. Ein großes Thema ist auch die Anfahrt in die Skigebiete. Dabei kann jeder Einzelne seinen Anteil zur Nachhaltigkeit leisten, indem man sich zusammentut oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt.

Mit der Pandemie haben viele Menschen die Berge wieder oder neu für sich entdeckt. Welche Tipps hast du als Vorbereitung auf einen Wandertag in den Bergen?

Vor allem eine sorgfältige Planung der Tour ist wichtig. Dazu gehört die richtige Ausrüstung, gutes Schuhwerk, dass man eine Karte dabei hat um sich zu orientieren, genügend Proviant und Wasser, ein Handy für den Fall der Fälle. Das Thema Berg wird immer etwas unterschätzt. Deshalb ist es wichtig, sich vorab gut über die Route zu informieren und rechtzeitig loszugehen.

Gibt es etwas besonders zu beachten, wenn man im Winter mit Tourenski unterwegs ist?

Auch im Winter ist eine gewissenhafte Vorbereitung das A und O. Dazu gehört zuallererst, dass man den Lawinenlagebericht verfolgt. Es gibt gute Apps, mit denen man sich im Vorfeld auch über die Hangneigung und Hangausrichtung informieren kann. Wenn der Hang über 35 Grad Neigung hat, ist die Gefahr von Lawinenabgängen um ein Vielfaches höher. Und auch im Winter gilt: genügend Essen, Getränke, warme Kleidung.

Was machst du am liebsten in deiner Freizeit?

Auf alle Fälle draußen sein. Im Sommer vor allem Berggehen, Radl fahren, auf Gipfel steigen. Im Winter Skitouren und Langlaufen oder auch mal Skifahren. Im Spitzingsee-Skigebiet gibt es genügend Wintertage mit guten Bedingungen. Auch Kreuth ist ideal – hier kann man bis Ende März Langlaufen. Ich laufe mittlerweile sehr gerne „klassisch“, das ist eine superschöne Bewegung, die mir besser taugt als Skaten.

Dein Tipp für einen perfekten Wintertag im Tegernseer Tal?

Es gibt alle Möglichkeiten: Skifahren, Langlaufen, Schneeschuhwandern und Rodeln – die Qual der Wahl. Auch Skitouren kann man gehen, besonders wenn es frisch geschneit, hat, weil man dann schön im Tiefschnee fahren kann. Und danach in die Seesauna zum Aufwärmen.
 

Was bedeutet für dich „dahoam“?

Das ist ein Ort, der Wärme und Geborgenheit ausstrahlt. Hier bin ich geboren, hier sind meine Wurzeln, meine Familie, meine Freunde. Heimat ist ein Gefühl. Und Heimat ist eben Heimat, da geht nichts drüber.
 

Verrätst du dein Lieblingsplatzerl?

Das ist meine Bank am „Rauheck“, eine Himmelsliege. Sie steht auf dem Weg zum Hirschberg unweit der Skiclubhütte am Bergsattel und ist ein Geschenk der Gemeinde Kreuth zu einer meiner Silbermedaillen. Auf der Bank steht, dass sie mein Lieblingsplatzerl ist. Eigentlich liegt immer jemand darauf, wenn ich da vorbeikomme, und das freut mich.
 

Dein Lebensmotto?

Man soll sein Leben leben, statt es zu träumen.

Impressionen

Viktoria Rebensburg 03, © Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)
Viktoria Rebensburg 03

© Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)

Viktoria Rebensburg 06, © Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)
Viktoria Rebensburg 06

© Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)

Viktoria Rebensburg 04, © Der Tegernsee
Viktoria Rebensburg 04

© Der Tegernsee

Viktoria Rebensburg 05, © Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)
Viktoria Rebensburg 05

© Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)

Viktoria Rebensburg 07, © Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)
Viktoria Rebensburg 07

© Der Tegernsee (Sabine Ziegler-Musiol)