Alpenkonvention

Der Österreichische Alpenverein war maßgeblich am Zustandekommen der Alpenkonvention mit ihren Protokollen beteiligt. Seit jeher versucht er, die Alpenkonvention für die breite Öffentlichkeit fassbar zu machen, sie von dem – zugegebenermaßen zum Teil sehr komplizierten Juristenlatein – loszulösen und in ganz konkreten Projekten mit der Bevölkerung umzusetzen.

Eines dieser Beispiele ist die Initiative „Bergsteigerdörfer”. Im mittlerweile internationalen Projekt legen die Alpenvereine bereits bei der Auswahl der Bergsteigerdörfer in Österreich, Deutschland, Italien und Slowenien besonderes Augenmerk auf die Geschichte der Gemeinden, auf ihre Entscheidungen in der Vergangenheit und ganz besonders auf ihre zukünftigen Entwicklungsziele.

Denn nicht jedes Bergsteigerdorf aus den Anfangsjahren des Alpintourismus ist bis heute ein solches geblieben. Viele Gemeinden haben sich ganz dem Wintertourismus verschrieben, haben die Berghänge planiert, entwässert, Speicherseen gegraben, gesprengt, Seilbahnen errichtet, Hotelburgen gebaut – "alles für den Gast". Für die ortsansässige Bevölkerung resultiert daraus die Abhängigkeit von einem sich immer schneller drehenden Erschließungs-Kapital-Kreisel, dessen Höhepunkt noch nicht erreicht scheint.

Mit den Bergsteigerdörfern nehmen sich die projekttragenden Alpenvereine mit den Sektionen und dem Ständigen Sekretariat der Alpenkonvention sowie mit Hilfe anderer Partner aus öffentlicher Verwaltung und Tourismus jener Gemeinden an, die sich bewusst für eine nachhaltige, eigenständige und selbstbewusste Entwicklung entschieden haben. Merkmale aller Bergsteigerdörfer sind ihre Kleinheit und Ruhe, ihre Lage im Alpenraum mit einer entsprechenden Reliefenergie, ihr harmonisches Ortsbild, ihre alpine Geschichte, ihre gelebten Traditionen und ihre starke Alpinkompetenz.

Zusammen mit den Sektionen des Alpenvereins wird an einer umfangreichen Angebotspalette an Aktivitäten, die ohne technische Hilfsmittel auskommen, gearbeitet. Je nach Charakter des Bergsteigerdorfes kann sich der Gast in einer weitestgehend unverbrauchten Landschaft aktiv erholen: Wandern, Bergsteigen, Klettern, Bouldern, Skitourengehen, Schneeschuhwandern, Langlaufen und Rodeln stehen auf dem Programm.

Auch schlechtes Wetter ist kein Hindernis, sich draußen zu bewegen: Von geführten geologischen oder ornithologischen Wanderungen bis hin zum Besuch von Bergwerksstollen, Museen und alten Werkstätten gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Oft reichen aber auch schon ein warmes, trockenes Plätzchen am Ofen, eine Tasse Tee und ein gutes Buch – zum Beispiel über die Alpingeschichte der Region –, um einen verregneten Nachmittag zu genießen.

Kurzum, die Bergsteigerdörfer sollen eine Gästeschicht ansprechen, die sich Urlaubsorte aussucht, in denen es noch einigermaßen „normal” zugeht. Gäste, die einen Aktiv-Urlaub in der Natur erleben wollen, die Eigenverantwortung und Umweltbewusstsein mitbringen oder zumindest sehr offen dafür sind.

Und mit dem Besuch in einem der Bergsteigerdörfer entsteht eine echte Symbiose: Denn während der Gast endlich den Alltag hinter sich lassen kann, werden in den Gemeinden Arbeitsplätze gehalten, können kleine Gastronomiebetriebe ihr Auskommen finden, werden Nächtigungen auf Schutzhütten gebucht, findet das regionale, kulinarische Angebot seine Abnehmer – und genau DAS entspricht einer gelebten Umsetzung der „Alpenkonvention”:

"Die Balance zwischen Schutz der Gebirgsregionen und einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. Oberstes Ziel ist es, die Wertschöpfung in der Region zu halten und nicht an irgendeinen regionsfremden Investor abzugeben."

Die Zeit wird zeigen, ob sich Geduld und Fleiß auszahlen werden, aber wir – das internationale Projektteam Bergsteigerdörfer – sind davon überzeugt: Die Bergsteigerdörfer können eine echte Vorreiterrolle für die Umsetzung der Alpenkonvention im Alpenraum einnehmen.