Bilanz des Beirats der TTT von 2018-2021, © Der Tegernsee - (ThomasMueller)

Bilanz des Beirats der TTT von 2018-2021

Zum Auslaufen der Amtsperiode des amtierenden Beirats der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) zieht dieser Bilanz. Im November wird nach drei Jahren turnusgemäß ein neuer Beirat berufen. Aufgabe des Beirats der TTT ist die Beratung der Gesellschaft in Fragen der Tourismusentwicklung der Region sowie des Tourismusmanagements.


Tegernsee, 10.11.2021. Der scheidende Beirat blickt trotz der extremen Herausforderungen durch Corona zufrieden auf die Entwicklung der TTT in den vergangenen drei Jahren. Schon vor der Krise wurde eine Zukunftsstrategie für die Organisation beschlossen und die TTT hat die Krise genutzt, um anstehende Veränderungen beherzt anzugehen. „Wir blicken mit Freude und Stolz auf die letzten drei Jahre zurück, wenigstens was die Entwicklung der TTT angeht“, so der 1. Vorsitzende Ludwig Klitzsch. „Geschäftsführung, Gesellschafter und der Beirat haben intensiv und in guter und vertrauensvoller Atmosphäre zusammengearbeitet.“


So sind bereits heute durch die Geschäftsführung wichtige Schritte umgesetzt worden, um die TTT fit für die Zukunft zu machen:

 

  • Die Tourist Information (TI) Kreuth wurde mit der TI Rottach organisatorisch zusammengelegt und die TI Gmund mit der TI Bad Wiessee. Die Verwaltung wurde verkleinert und digitalisiert.
  • Die frei gewordenen Ressourcen wurden für eine Zentralisierung der Dienste der TTT in Tegernsee eingesetzt. Diese ist nun besser für Gastgeber und besonders auch für Gäste erreichbar und konnte Ihre Serviceleistungen zur Unterstützung der Gastgeber, z.B. den Buchungsservice, Beratungsleistungen oder das Partnermanagement, erweitern und verbessern und die Zusammenarbeit ortsübergreifend stärken.
  • Gleichzeitig wurde die Digitalisierung mit richtungsweisenden Projekten eingeleitet. Die TTT führt als erste Region Deutschlands eine Reisebegleiter-App mit der Lösung von Alturos ein. Damit sollen den Gästen in einer App sämtliche Informationen und Angebote der Region kundenfreundlich aufbereitet werden. Die Gäste sollen sich nicht nur informieren, sondern sofort buchen können. Neben Informationen wie dem Wetterbericht, wird von den öffentlichen Verkehrsmitteln, wie Schiff oder Bahn, über die Hotelbuchung, die Tischreservierung im Restaurant bis zur Eventbuchung alles in einer App verfügbar gemacht. Auch wird das Tegernseer Tal eine der wenigen Testregionen für die digitaleID, die zukünftig ein papierloses Anmelden eines Gastes ermöglichen soll. Und auch in Infrastruktur wird investiert.
  • Die TTT hat darüber hinaus die Initiative im Bereich Nachhaltigkeit ergriffen. Die TTT hat schon länger mit der konkreten Umstellung der touristischen Angebote begonnen. So dienen diverse Kampagnen beispielsweise der Lenkung der Besucher auf öffentliche Verkehrsmittel oder zum besseren Miteinander von Wanderern und Radlern. Die Aktion „Gemeinsam nachhaltig am Tegernsee“ ist ein Best Practice in Bayern und bewirbt mit Impulsen die zahlreichen nachhaltigen Angebote im Tal. Die TTT hat sich mit dem Heimatführer Codex selbst strenge Regeln für Veranstaltungsangebote auferlegt und unterstützt maßgeblich die Initiative gegen Feuerwerk. Und auch das Projekt Bergsteigerdorf wird maßgeblich unterstützt.


Viel Raum hat auch die Abstimmung der Zusammenarbeit mit den Landkreisorganisationen ATS und SMG eingenommen. Es gibt viel zu tun und deshalb haben wir uns vertrauensvoll abgestimmt, wie wir mit den vorhandenen Mitteln gemeinsam am besten wirtschaften. Ein hervorragendes Ergebnis ist, dass die Markenrechte „der Tegernsee“ nun wieder im Eigentum der TTT und damit der Gemeinden des Tals sind. Die TTT soll seine Rolle in der Vermarktung des Tegernseer Tals weiter stärken.


Die Zusammenarbeit in der Krise hat gut funktioniert. Gesellschafter, Geschäftsführung und Beirat standen eng im Austausch und es wurde auf lokaler Ebene unbürokratisch Hilfe für die Wiederbelebung des Tourismus auf die Beine gestellt. Die TTT hat sich den Aufgaben gestellt und die Gastgeber unterstützt unter den neuen und komplizierten Rahmenbedingungen wieder zu starten.


Mit der Handhabung des 2. Lockdowns durch die Politik auf Bundesebene, ist der Beirat jedoch unzufrieden. „In der Phase des 2. Lockdowns hätte man vor allem Hotellerie und Gastronomie früher öffnen können, wie es z.B. in der Schweiz geschehen ist“, so der 1. Vorsitzende, Ludwig Klitzsch. Deshalb hat sich der Beirat im März auch mit einem Not-Appell an die Regierung gewandt. Die Förderungen und Ausfallgelder waren großzügig, aber die Rechnung für die langen Zwangsschließungen zahlen nicht nur die künftigen Generationen. Zu viele Mitarbeiter haben der Branche in den langen Monaten des Lockdowns den Rücken zugewandt und die Betriebe kämpfen als Resultat jetzt mit einem beispiellosen Personalmangel. Nichtdestotrotz stellt Corona auch eine Chance für die Region dar. Neue, jüngere und gutsituierte Kunden haben in der Krise das Tegernseer Tal für sich entdeckt. „Auch der Handel wandelt sich. Wir sind optimistisch, dass wir viele dieser neuen Gäste nachhaltig für das Tegernseer Tal gewinnen und halten können“, meint Hildegard Bayerschmidt, die die gleichnamige Parfümerie betreibt und ebenfalls engagiert im Beirat mitwirkt.


Es ist die primäre Aufgabe des Beirats die Gesellschaft zu beraten. Trotzdem ist es dem scheidenden Beirat ein Anliegen zur aktuellen touristischen Diskussion Stellung zu nehmen. Der Tourismus ist die Leitbranche des Tegernseer Tals. Er bietet zahlreichen Einheimischen Beschäftigung und finanziert die Infrastruktur, die das Tal so lebenswert macht.

 

  • Ca. 5.000 Einwohner im Tegernseer Tal beziehen ihr Primäreinkommen im Tourismus.
  • Das bedeutet ca. EUR 300 Mio. Wertschöpfung im Tegernseer Tal aus zuletzt ca. 9.100 Betten und ca. 1,6 Mio. Übernachtungen (ohne Corona).
  • Diese Aktivität generiert zahlreiche Steuereinnahmen und Erträge, wie z.B. Gewerbesteuer, Lohnsteuer, Kur- und Fremdenverkehrsbeitrag, sichert die Finanzierung der Vereine durch Waldfeste, Kultur etc. und verschafft zusätzlich Handwerkern, Lebensmittelproduzenten und weiteren Lieferanten wichtiges Geschäft.
  • Unsere vorhandene Infrastruktur wäre ohne den Tourismus nicht finanzierbar: Die Bus- und Bahntaktung, ca. 200 Gastronomiebetriebe, die zahlreichen Rad- und Wanderwege, die Skilifte, die öffentlichen Schwimmbäder, die Schifffahrt, die Seesauna, das große Angebot im Einzelhandel und vieles mehr.
  • Im Tourismus finden Normalverdiener und Einheimische Arbeitsplätze oder sind unternehmerisch tätig, was zu einer ausgeglichenen sozialen Struktur im Tal beiträgt.


Es ist nicht selbstverständlich, dass wir uns als Region in den letzten Jahren so gut entwickelt haben. In den Krisenjahren Anfang des Jahrtausends hat nicht jeder an den Aufschwung geglaubt, der bis 2019 eingetreten war. „Der Tourismus und seine Leistungsträger haben mehr Wertschätzung verdient, vor allem jetzt nach Corona. Der Tourismus wird jedoch in der öffentlichen Diskussion zunehmend für Probleme verantwortlich gemacht, die er weder verursacht hat noch auf die die touristischen Betriebe oder die TTT Einfluss haben. Das muss aufhören“, so Bernhard Kaiser, langjähriges Beiratsmitglied und 2. Vorsitzender des Beirats. Diese Tendenz zeige sich vor allem in der Diskussion der beiden Dauerbrenner-Themen Verkehr und Wohnraum. Bei diesen Themen sind die Interessen von Einheimischen und Tourismusbetrieben in Wirklichkeit gleichgerichtet.


„Der Individualverkehr mit dem PKW ist zum vielleicht größten Problem des Tals geworden. Sei es nun wegen des Bevölkerungswachstums von München, dem Trend zur Erholung in der Natur oder der steigenden Attraktivität des Tegernsees. Unsere Straßen sind dafür nicht ausgelegt und die aktuelle Planung von Baustellen und Umfahrungen macht es nicht besser. Wenn die Tagesausflügler kommen, droht regelmäßig der Verkehrskollaps. Das schadet dem Tourismus mindestens ebenso sehr, wie es den Anwohnern auf die Nerven geht.“, so Beiratsmitglied Sven Scheerbarth und Direktor des Hotels „Das Tegernsee“. Die Schritte zur Einführung der gemeinsamen Parkraumbewirtschaftung durch die Kommunen rund um den See begrüßt der Beirat sehr. Die Parkgebühren sollten vor allem auch zu Stoßzeiten weiter angehoben werden. Gleichzeitig sollte das Angebot an Parkplätzen für Besucher weiter verknappt und die Überwachung intensiviert werden. Falschparker sollten mit Strafen belegt werden, die zum Umdenken bewegen. Einheimischen kann durch Anwohnerparkzonen das kostenlose Abstellen von Fahrzeugen ermöglicht werden. Die Diskussion über den MVV-Beitritt zur Umsetzung der geplanten Verbesserung des ÖPNV begrüßt der Beirat ebenfalls. Es besteht jedoch dringender Handlungsbedarf. Deswegen empfiehlt der Beirat begleitend die Erstellung eines Gutachtens zur Verkehrssituation mit der Prüfung aller Möglichkeiten zur Verbesserung. Und letztlich sollten auch unangenehme Themen angesprochen werden. Auch der Gästeverkehr nach Österreich belastet das Tal. Der Beirat hofft, dass im anstehenden Forum mit Beteiligung der bayerischen Verkehrsministerin und ihrer Tiroler Amtskollegin, welches die TTT organisiert, gemeinsam konkrete Lösungen diskutiert werden. Es kann aus Sicht des Beirats z.B. nicht sein, dass Gastgeber aus Österreich die „mautfreie“ Anfahrt über das Tegernseer Tal bewerben.


„Wir müssen jetzt mehr Wohnraum für Einheimische und lokale Arbeitskräfte schaffen.“, so Hotelier und Beiratsmitglied Korbinian Kohler vom Bachmair Weissach. Zwischen 2011 und 2020 sind rund um den See mehr als 1.400 Betten verloren gegangen. Der Beirat begrüßt die zahlreichen neuen Hotelprojekte, mit denen zumindest wieder etwas mehr als 1.000 Betten geschaffen werden könnten. Sie sind zum Erhalt eines qualitativ hochwertigen Tourismus am Tegernsee dringend erforderlich. Der Beschluss der Gemeinde Bad Wiessee, neue Betreiber auch zur Schaffung von entsprechendem Wohnraum zu verpflichten, geht in die richtige Richtung. Das allein wird aus Sicht des Beirats jedoch nicht reichen. Gering- und Mittelverdiener werden zunehmend durch den starken Zuzug vermögender Pendler und Erwerber von Zweitwohnungen aus dem Wohnmarkt gedrängt. Die Tourismusbranche ist aus Sicht des Beirats nicht Verursacher, sondern betroffen. Die bestehenden Betriebe finden keine Wohnungen für ihre Mitarbeiter mehr und gerade die erhaltenswerten kleineren Betriebe können es sich nicht leisten, Personalwohnungen bereit zu stellen. Auch die Kommunen, werden mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen müssen, was glücklicherweise auch schon teilweise passiert.


Die Regulierung und Reduzierung des Tagesausflugs- und Transitverkehrs mit dem PKW liegt nicht im Einflussbereich der TTT oder der touristischen Betriebe. Die Wohnraumknappheit ist ebenso wenig von ihnen verursacht. Mit jährlich ca. 40-45.000 Übernachtungsgästen (2019/20) sind Übernachtungen nur in sehr geringem Umfang für individuellen PKW-Verkehr ursächlich. Aus Sicht des Beirats wäre es daher ein vollkommener Fehlschluss, wenn zur Reduzierung von Verkehr und Wohnraumknappheit die erforderliche Entwicklung von Übernachtungsbetten behindert würde. Sei es durch die Einschränkung der Genehmigungen oder durch die Schaffung von zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Die zusätzlichen Betten werden zum Ersatz der bereits weg gefallenen Betten und der absehbaren Schließung weitere kleinerer Betriebe dringend benötigt. Aus Übernachtungen werden der Großteil der Wertschöpfung, der Arbeitsplätze und der Steuern aus dem Tourismus generiert. Der Beirat möchte keinen Ausbau des Tourismus, sondern dessen Erhalt in einer nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Form. 1991 hatte das Tegernseer Tal mit ca. 2,33 Mio. Übernachtungen fast 50% mehr Übernachtungen als zuletzt in 2019 (ca. 1,55 Mio.). Ohne zusätzliche Betten verlieren wir die kritische Masse, die wir nach Einschätzung des Beirats zum Erhalt der geschätzten touristischen Infrastruktur am Tegernsee brauchen.


Der Beirat appelliert an alle beteiligten Akteure die Themen Verkehr und Wohnraum anzugehen, die Diskussion über den Tourismus sachlich zu führen und bei dem Erhalt der touristischen Infrastruktur, insbesondere der Schaffung weiterer Betten, zu unterstützen.