Sir Edmund Hillary

Zum 100. Geburtstag von Sir Edmund Hillary

Wussten Sie, dass Bad Wiessee in einem Atemzug mit dem Mount Everest und der Queen zu nennen ist? Hätten Sie gedacht, dass Sir Edmund Hillary einen Gebirgstrachtenhut vom Hutmacher Schätz in Tegernsee trug? Und auch schon im Freihaus Brenner, 1991, zu Besuch war? Oder, dass in Nepal nach dem verheerenden Erdbeben 2015 ein Krankenhaus neu gebaut wurde, mit wesentlicher Hilfe aus dem Tegernseer Tal? Weil die Sir Edmund Hillary Stiftung Deutschland hier daheim ist?

Heuer würde Sir Edmund Hillary seinen 100. Geburtstag feiern. Weltweit wird in diesem Jahr seiner gedacht. Zusammen mit Sherpa Tenzing Norgay ist er in der Liste der einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts aufgeführt. Zusammen standen sie am 29. Mai 1953 als erste Menschen auf dem Gipfel des Mount Everest. Nachweislich. Ob es andere Expeditionen zuvor auf den Gipfel geschafft hatten, ist bis heute ein Mysterium. Es komme, so meinte Hillary mal lakonisch, auch nicht nur darauf an, raufzukommen, sondern vor allem, wieder lebend runterzukommen. Er kam wieder runter.

Das war drei Tage vor der Krönung von Queen Elizabeth II. 1953 wurde als Geheimcode von Kathmandu nach London gekabelt: Tiefer Nebel berührt den Boden. Solcherlei Sätzchen der Bergsteigergeschichte kennt Ingrid Versen. Die Wiesseerin ist die Chairperson, die Vorsitzende der Stiftung, deren Name nun an dem neuen Krankenhaus in Phaplu steht. Sie hatte vor Jahrzehnten, zusammen mit Wiesseer Honoratioren, die Sir Edmund Hillary Stiftung Deutschland gegründet. Seit Mai 2018 wurden sie und ihr Stellvertreter, Manfred Häupl, Ehrenmitglieder des Himalayan Trust. Dieser wurde von Edmund Hillary in den 1960-er Jahren ins Leben gerufen, um den Sherpas zu einem besseren Leben zu verhelfen.

Edmund Hillarys Vermächtnis: Menschlichkeit

Wer mit Ingrid Versen an ihrem großen Esstisch sitzt und über die Bergsteiger-Legende plaudert, bekommt bald den Eindruck, als säße er tatsächlich noch mit am Tisch. Lebhaft schildert sie einen ruhigen Mann, bescheiden, fand die Aufregung um seine Person übertrieben. Die Gipfelbesteigung war ein gemeinsamer Erfolg mit Tenzing Norgay. Sein Leben lang habe er diese Freundschaft gepflegt. „Und jetzt sind die Kinder und Enkel der Männer befreundet“, sagt Ingrid Versen. Vom Duo Hillary/ Tenzing erfuhr die Welt nie etwas von Ärger und Missgunst auf bzw. nach Expeditionen. Alte Zeitungsausschnitte stapeln sich auf dem Tisch, außerdem Bücher, Souvenirs, signierte 5-NZ-Dollar-Scheine, Ehrennadeln, Erinnerungstafeln, Fotos, Fotos, Fotos. Welche im Bilderrahmen, die Hillary hier am Tegernsee zeigen. Welche in Alben, die Sherpas bei Pujas und Zeremonien, vor Schulen oder in Krankenhäusern zeigen. Fotos von der Krönung der Queen, Fotos vom Empfang bei der Queen.

Elizabeth II. ernannte Edmund Hillary damals zum Knight Commander of the Order of the British Empire, da war er noch in Nepal. Zunächst konnte er selbst noch gar nicht seinen Erfolg fassen, obwohl es die BBC meldete. Später sagte er: „Als ich das hörte, dachte ich: Wir haben es wirklich geschafft. Wenn die BBC es meldet, muss es ja wohl stimmen.“ Noch später wurde er im Hosenbandorden aufgenommen. Es ist die höchste Auszeichnung, die das Vereinigte Königreich zu vergeben hat. 2003 erhielt er vom letzten König Nepals die hohe Auszeichnung „Ehrenbürger von Nepal“. Nie zuvor hat ein Ausländer diese Ehrung erhalten. „Ich war bei dem Festakt dabei und weiß, wie sehr sich Ed darüber gefreut hat“, erzählt Ingrid Versen. Überhaupt: Auszeichnungen hat Hillary unzählige bekommen. Expeditionen hat er auch viele unternommen. Edmund Hillary war auch Erstbesteiger einiger Sechs- und Siebentausender, leitete die Antarktisexpedition und erreichte den Südpol über dem Landweg mit einem Traktor, drang bis zum Quellgebiet des Ganges vor und reiste mit dem Flugzeug zum Nordpol. Und dann, so lustig es in dieser Aufreihung vielleicht klingen mag, war er auch immer wieder am Tegernsee.

Edmund Hillary kam immer gerne an den Tegernsee

„Oben habe ich mein Hillary-Zimmer“, schmunzelt Ingrid Versen. Es ist ihr Gästezimmer, in dem die Bergsteigerlegende übernachtete. 1990 hatte Ingrid Versen den Bergsteiger bei einer Reise nach Nepal erstmals kennengelernt. Von da an blieben sie bis zu seinem Tod 2008 in engem Kontakt, bis heute ist sie mit den Kindern Peter und Sarah Hillary befreundet. „Helen Clark, Alt-Premierministerin von Neuseeland, ist die neue ehrenamtliche Patronin des Himalayan Trust. Sie will sich im Frühsommer 2019 mit uns in Nepal treffen, um über künftige Projekte im Khumbu-Gebiet zu sprechen“, erzählt Ingrid Versen. Dass die Neuseeländerin den Vorsitz übernahm, wertet sie als „Sechser im Lotto. Helen Clark wird ein toller Motor für die gute Sache sein“. Selbstverständlich reisen die Mitglieder dafür nach Nepal. „Aber wir reisen stets auf eigene Kosten. Wir tragen auch sämtliche Verwaltungskosten, das machen wir seit unserer Gründung so.“

Rührig sein um Hilfe zu organisieren

Auf lange Sicht müssen bei der Hillary-Stiftung Spenden reinkommen, damit die Ärzte, die Lehrer, die Kliniken in Nepal bezahlt werden können. Hilfe ist nach dem Erdbeben 2015 in Nepal nötiger denn je. Das Erdbeben warf die nepalesische Wirtschaft wieder zurück, beschädigte die Infrastruktur des Landes stark. Komplizierte Bürokratie, Korruption sowie hohe Handelsbilanzdefizite aufgrund fehlender Rohstoffe tun ihr Übriges. Kurzum: Nepal gehört noch immer zu den ganz armen Ländern der Welt. Seit es kein Königreich mehr ist, ist der Kampf hart, dass sich die junge Demokratie zwischen den Großmächten China und Indien behauptet. Und obwohl im Land mehr als 60 Jahre das gewinnträchtige Expeditionsbusiness besteht, bleibt wenig davon bei der Bevölkerung hängen. Hilfe wie die der Edmund Hillary Stiftung Deutschland ist notwendig – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie wendet die Not.

Der Mount Everest

Der höchste Gipfel der Welt ist 8848 Meter hoch und der höchste der 14 Achttausender. Benannt wurde der Berg nach dem britischen Landvermesser George Everest (1790-1866). Auf Nepali heißt der Mount Everest SAGARMATHA, auf Tibetisch QOMOLANGMA. Beide Namen bedeuten in etwa „Heilige Mutter der Erde“ oder „Stirn der Erde“. Von der ersten Vermessung vergingen 101 Jahre bis zur Erstbesteigung.

Bis Ende 2017 wurden insgesamt 8306 Gipfelerfolge gezählt, 288 Menschen starben; 181 auf nepalesischer und 107 auf tibetischer Seite. Die meisten Bergsteiger verunglücken oberhalb von 8000 Meter während des Abstiegs, die nepalesische Route ist – laut Statistik – gefährlicher als die Route über die tibetische Seite. Das ist der „Himalayan Database“ (www.himalayandatabase.com) zu entnehmen, die alle zwei Jahre erstellt wird.

Zu den Bergen des Himalaya gibt es im Tegernseer Tal eine lange und vielfältige Beziehung. Den Schatz der Forschungsreisenden Gebrüder Schlagintweit, Zeitgenossen von Alexander von Humboldt, hüteten die Nachfahren der Familie hier in Bad Wiessee. Für einige Tegernseer wurden die Achttausender zur persönlichen Herausforderung. Toni Kinshofer aus Bad Wiessee gelang, zusammen mit Anderl Mannhardt aus Rottach-Egern, 1962 die erste Besteigung des Nanga Parbat über die Diamirflanke. Der Toni-Kinshofer-Gedächtnisweg beginnt direkt am Freihaus Brenner. Der erste Deutsche und der nächste nach Reinhold Messner und Peter Habeler, der ohne Zusatzsauerstoff den Gipfel des Mount Everest erreichte, ist der Waakirchner Hans Engl. Der Speedbergsteiger Benedikt Böhm eroberte den Gasherbrum und Manaslu innerhalb von 24 Stunden und fuhr mit den Ski wieder zum Basecamp zurück. Bei einer Expedition auf die Ama Dablam verlor der Kreuther Christoph von Preysing vor fünf Jahren sein Leben. Die Berge am Dach der Welt forderten auch im Tegernseer Tal ihren Tribut.

Mehr Infos unter www.hillary-stiftung.de

 

Quelle - Sonja Still, aus dem BRENNER-MAGAZIN TEGERNSEE 04/2019