Man mag es nicht glauben, aber Bob Marley verbrachte tatsächlich seine letzten Lebensmonate am Tegernsee.

Bob Marley? Bob Marley!

König des Reggaes

Man mag es nicht glauben, aber Bob Marley verbrachte tatsächlich seine letzten Lebensmonate am Tegernsee. Erst mit dem Film „Marley“ aus dem Jahr 2012 und in diesem Jahr anlässlich seines 40. Todestages, an dem sich die Presse in großen Artikeln seines Aufenthaltes erinnerte, ist dieser letzte Lebensabschnitt Bob Marleys wieder in Zusammenhang mit dem Ort gerückt worden, den man in jener Zeit eher mit Blasmusik und Goißlschnalzen, Pop und Rock sowie hochkarätigen Klassikreihen in Verbindung bringen mag als mit Reggae.

Nachdem die Ärzte Bob Marley in den Vereinigten Staaten keine Hoffnung mehr auf Heilung für seine Krebserkrankung im Endstadium machten, war dessen letzter Strohhalm der in Rottach-Egern niedergelassene Krebs-Arzt Dr. Josef Issels mit seinen alternativen Heilmethoden aus der Komplementärmedizin. Und so kam der König des Reggaes im Herbst 1980 an den Tegernsee und ließ sich in der damaligen Krebsklinik behandeln. Grün war es hier auch – fast wie in Jamaika. Allerdings nicht in jenem kalten Winter vor 40 Jahren, als sogar die Egerner Bucht zugefroren war.

Vom Luxushotel ins Bauernhaus

Viele Einheimische erinnern sich noch heute an Robert »Bob« Nesta Marley, der gern den Rottacher Fußballern beim Kicken zuschaute und mit den Nachbarn Otto Lederer (heute 91) und seiner Frau Rita über den Gartenzaun plauderte. Anfangs wohnte Bob Marley mit seinen Gefolgsleuten im luxuriösen Hotel Bachmair am See, dass von Toni Curtis bis Tina Turner schon viele Stars gesehen hat. Aber ein paar Rastafari mit großen bunten Mützen über ihren Dreadlocks am Tegernsee – das war schon eine Attraktion. Daher zog Bob Marley mit seinen Begleitern bald um in ein fast 250 Jahre altes Bauernhaus in der Trinisstraße, um sich vor neugierigen Blicken zu schützen. Dort wohnte er von November 1980 bis März 1981.

Marleys Tourneen durch die ganze Welt waren umjubelt und ausverkauft – in Rottach-Egern spielte Reggae bis dahin keine besonders große Rolle. Trotzdem war der Schöpfer von Welthits wie „No Woman, No Cry“, „I Shot the Sherriff“ und „Could You Be Loved?” natürlich bekannt. In der Schulsporthalle tauchten eines Tages Mitglieder von Bob Marleys Band „The Wailers“ auf – Peter Tosh, Bunny Wailer und Junior Braithwaite – und fragten die Jugendlichen, ob sie Lust hätten, mit ihnen Basketball zu spielen. An diese Mordsgaudi erinnert sich noch heute Keramikermeister Hermann Ulbricht gern, der damals 16 Jahre alt war.

„Der kälteste Ort, an dem ich je war!“

Der kalte Winter allerdings machte Marley und seinen Begleitern zu schaffen. Der Jamaikaner Neville Garrick, der auch das Cover für Bob Marleys letztes Studioalbum „Rastaman“ entwarf, erinnert sich in der großartigen Filmbiografie „Marley“ (2012) von Oscar-Preisträger Kevin McDonald: »Man, Rottach-Egern! Der kälteste Ort, an dem ich je war.« Die letzten Sequenzen des Filmes beleuchten die letzten Lebensmonate Marleys am Tegernsee. Epische Aufnahmen der Landschaft im Winter, die im extremen Gegensatz zur sonnenverwöhnten Heimat Marleys stand. »Das war ein Kühlschrank, in dem man die Menschen am Leben erhielt«, so Gerrick.

Auch seinen 36. Geburtstag beging die Legende des Reggaes in Rottach-Egern. Das Geschwisterpaar Christian von Schweinitz und Christina Brandl erinnert sich, denn es war das Haus, in dem sie aufwuchsen, in dem Bob Marley wohnte: „Er saß auf der Bank im Haus, unter dem Ölgemälde „die kleinen Nackten und die Seerosen“. Auch der Jamaikaner Garrick hat den Geburtstag in Erinnerung: „Jemand hatte einen Kuchen in Form einer Gitarre gebacken.“ Bob Marley allerdings war zu der Zeit schon sehr geschwächt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, und so hat es wohl auch Bob Marley gesehen, als er sich dafür entschied, mit dem Angebot des Rottacher Arztes nach dem letzten Strohhalm zu greifen. Heilen konnte dieser den Totgeweihten auch nicht. Bob Marley wollte in seiner geliebten Heimat Jamaika sterben, erreichte sie jedoch nicht mehr lebendig. Der King of Reggae starb am 10. Mai 1981 nach der Zwischenlandung in Miami.