Ines Wagner interviewt Toni Tremmel am Kleine Paraplui in Tegernsee, © DER TEGERNSEE, Isabelle Munsterman

Skirennläufer Toni Tremmel

Rasant unterwegs

Ein entspannter Tag am See. Wir blicken mit dem Skirennläufer Toni Tremmel vom Kleinen Paraplui auf der Point in Tegernsee hinüber in seinen Heimatort Rottach-Egern. Dort drüben am Wallberg an diesem kleinen, weiß leuchtenden Skihang, hat er als Kind das Skifahren gelernt, „als da noch der kleine Schlepplift stand“. Jeden Tag nach der Schule war er als Kind dort zum Skifahren: „Wir haben Schanzen gebaut und sind einfach im Wald gefahren“, erinnert er sich gern.

 

Steckbrief:
Name: Anton Tremmel
Geburtstag: 26.11.1994
Geburtsort: Tegernsee
Wohnort: Rottach-Egern
Sportart/Disziplin: Ski Alpin, Slalom
Verein: SC Rottach-Egern 

 

Heute lockt der Wallberg im Winter hauptsächlich mit einer der längsten Naturrodelbahnen Deutschlands. Und Toni kommt hier in seiner Heimat im Winter nur noch selten zum Skifahren. Manchmal, wenn er zwischen den Wettkämpfen daheim ist, geht er zum Ausgleich Langlaufen und natürlich auch zum Tiefschneefahren. Gern ist er auch mit den Tourenski unterwegs, abseits vom Trubel des Skisports. Das klappt aber für gewöhnlich erst im Frühjahr, nach Saisonende.Tourengehen ist etwas komplett anderes“, sagt er, „ein guter Ausgleich“.  

 

Vom Hobby zum Beruf 

Sport hat er schon immer gern und viel gemacht - angefangen im Skiclub, dann kam Tennis dazu, Fußball und Leichtathletik. Im Trachtenverein war er obendrein. Das hat alles Spaß gemacht, aber es war auch viel. Deshalb hat er nach und nach abgegeben und schließlich kaum noch Zeit für Fußball gehabt, wo er trotzdem bis zur A-Jugend weiterspielte – und währenddessen das Skifahren immer mehr ausbaute. Als Kind beim Weltcup vorm Fernseher schien es noch wie ein unerreichbarer Traum: Da mal dabei sein! 

 

„Und allmählich wächst man dann hinein“, sagt er heute. So ab 12, 13 Jahren trainierte er bereits drei bis viermal die Woche, zuerst im Ski Team Tegernseer Tal, dann im Team vom Oberland und dann immer überregionaler. Die letzten beiden Jahre des Gymnasiums verbrachte er schließlich im Ski-Internat in Berchtesgaden: „Ab dann war es bereits Leistungssport“.  

 

Über Erfolge und Niederlagen 

Auf die Frage nach persönlichen Highlights seiner Karriere erinnert er sich gern an die überraschende WM-Nominierung im Jahr 2019. „Plötzlich nach Schweden mitfahren zu dürfen, das war einfach überwältigend.“ Eine andere großartige Erfahrung war, als er in Kitzbühel sein erstes Rennen fuhr: Im ersten Durchgang auf Platz 7 mit der Startnummer 50 – „sowas vergisst man nicht.“ In einem Herzschlagfinale wurde Toni Tremmel schließlich im März 2021 am Götschen Deutscher Meister im Slalom – zusammen mit Sebastian Holzmann vom SC Oberstdorf. Ansonsten gehören auch sportliche Niederlagen und Rückschläge dazu, sagt Toni, „das weiß man als Leistungssportler“. Zu den bittersten Momenten zählt eine schwere Verletzung, wie er sie sich letzten Winter zugezogen hat: einen Knorpelschaden beim Weltcup in Wengen. Dadurch erlebte er die WM nur am Bildschirm und arbeitete parallel an seinem Comeback für die Skisaison 2023/24. Jetzt startet er wieder voll durch.

 

Nervös vorm Start?

„Es braucht die gewissen Grundspannung oder Anspannung“, sonst käme man mit der Leistung nicht auf den Punkt. Da hilft ihm die Arbeit mit den Mentaltrainern, Routinen aufzubauen. Einem eigenen, vielleicht sogar abergläubigen Ritual zu folgen, kann er sich nicht vorstellen. Vielleicht geben ihm die Berge seiner Heimat die nötige Kraft zur Konzentration, denn lieber geht er in Ruhe noch mal die Abläufe durch, als sich auf einen Talisman zu verlassen. Und am Abend nach einem harten Wettkampf steht nach dem regenerativen Training zum Abschalten oftmals noch eine Partie Schafkopfen auf dem Programm. 

 

Gefragt nach seinem Idol,

nennt er sogleich Ski-Legende Bode Miller. Dann ergänzt er lachend noch Olli Kahn. Den hat er schon als Bub angehimmelt, weil es ja selbst Torwart beim Fußball war. „Beim Bayernspiel in Rottach habe ich einmal sogar mit ihm einlaufen dürfen", strahlt er, „das war schon cool damals“. Und wie es weitergehen wird mit dem Wintersport? Bei uns im Tegernseer Tal wird es auf lange Sicht sicher schwieriger werden“, meint Toni, „weil wir nicht hoch genug liegen“. Insgesamt bleibt er aber zuversichtlich, besonders mit einem Blick auf die Wintersport-Nationen Österreich und Schweiz, für die auch wirtschaftlich viel daran hängt: „Die lassen sich immer etwas einfallen, dass Wintersport möglich bleibt.“ 

 

Und der verrückteste Ort in seiner Karriere? 

Einiges hat er gesehen und erlebt inzwischen. Aber zu den verrückten Wettkämpfen zählen seine Erfahrungen beim Alpinen Far East Cup, der wie die anderen Kontinentalrennserien der FIS zum Unterbau des Weltcups gehört: Zuerst 2017 im östlichen Russland bei -20 Grad Celsius auf einer kleinen Halbinsel, wo man im normalen Leben nie hinkäme. Und dann noch ein zweites Mal in der Nähe von Peking. Die Umgebung, die Abläufe in Asien, aber auch die trockene Kälte – die vom Schnee her komplett anders ist – das waren zwei verrückte Erfahrungen.  

 

Wenn er sich einen Wunschort auf der Erde aussuchen könnte, um sich niederzulassen, sagt der sympathische Rottacher schlicht: „I dad gern da dahoam bleim.“ Hier hat er alle Möglichkeiten, denn von hier aus ist man selbst in Österreich und in der Schweiz mit dem Auto schnell in den größeren Skigebieten. „Ich bin hier gern daheim und kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben.“ 

 

… und was bedeutet „dahoam“? „Irgendwas Entspanntes mit Familie und Freunden, auch mal nur auf den Riederstein hinauf“, fasst er kurz zusammen. Dahoam bedeutet in der Vorweihnachtszeit: Platzerl und Lebkuchen. Es gibt kein festes Ritual, aber der Sohn der traditionellen Familienbäckerei Tremmel freut sich noch immer, wie schon damals als Kind, wenn die Bäckerei im Januar Betriebsurlaub macht und Mama Evi dann mehr Zeit hat und für die Familie kocht. Da hat er keine spezielle Leibspeise, ihm schmeckt eigentlich alles. Ähnlich bescheiden und bodenständig zeigt sich Toni auch, wenn man ihn fragt, was er mit einer Million Euro Gewinn anstellen würde: „Vielleicht sinnvoll investieren, damit ich länger was davon hab.“ Vielleicht übernimmt er auch einmal, wenn er seine Ski-Karriere erfolgreich abgeschlossen hat, das Elektrik-Unternehmen seines Vaters: „Ich helfe ihm schon seit Jahren immer wieder gern“.   

 

Das ist für Toni „typisch Tegernsee“: 

„Die Waldfeste, das gibt’s sonst nirgendwo. Die ganze Landschaft mit dem See und Berg ist einzigartig.“ 

 

Toni‘s Tipp für einen Tag am Tegernsee: 

„Im Winter, wenn Schnee liegt: Schlittenfahren am Wallberg, die Rodelbahn mit ihrer Länge ist etwas Besonderes. Und im Sommer in den Bergen unterwegs sein - zu Fuß oder mit dem Radl. Und danach im See schwimmen.“ 

 

Toni`s Lebensmotto – auch als Tipp für Nicht-Sportler:  

„Aus dem Sport kann ich sagen, dass es wichtig ist, sich nicht zu lange mit Niederlagen zu beschäftigen und davon nicht beeinflussen zu lassen. Es ist besser, dass man eine Niederlage akzeptiert, kurz analysiert, woran es gelegen hat, das dann beiseiteschiebt und sich mit dem Vergangenen nicht mehr zu sehr beschäftigt. Ändern kann man es eh nicht mehr, es ist schon passiert.“ 

 

Impressionen

Skirennfahrer Toni Tremmel, © DER TEGERNSEE, Isabelle Munstermann
Skirennfahrer Toni Tremmel

© DER TEGERNSEE, Isabelle Munstermann

Ines Wagner im Gespärch mit dem Rottacher Skirennfahrer Anton Tremmel, © DER TEGERNSEE, Isabelle Munstermann
Ines Wagner im Gespärch mit dem Rottacher Skirennfahrer Anton Tremmel

© DER TEGERNSEE, Isabelle Munstermann

Ines Wagner interviewt Toni Tremmel am Kleine Paraplui in Tegernsee, © DER TEGERNSEE, Isabelle Munsterman
Ines Wagner interviewt Toni Tremmel am Kleine Paraplui in Tegernsee

© DER TEGERNSEE, Isabelle Munsterman

Tee am Tegernsee, © DER TEGERNSEE, Isabelle Munstermann
Tee am Tegernsee

© DER TEGERNSEE, Isabelle Munstermann