Egal was das Herz der Dirndlträgerin begehrt Schneidermeisterin Andrea Sanktjohanser macht es möglich - nur übers Knie muss es gehen., © Julian Rohn
Schneidermeisterin Andrea Sanktjohanser aus Kreuth, © Julian Rohn

Schneiderin Andrea Sanktjohanser

Schneiderin Andrea Sanktjohanser erklärt

Schneiderin Andrea Sanktjohanser erklärt

Seit 2008 fertigt Schneidermeisterin Andrea Sanktjohanser in ihrem kleinen Maßatelier in Kreuth hochwertige Damentracht. Das Gewand schmückend auf den Leib zu schneidern ist wahre Handwerkskunst. Doch bei der Tracht kommt auch viel Wissen über die Tradition hinzu. Andrea Sanktjohanser erklärt den Unterschied Dirndlgwand und Festtagstracht.

Was ist eigentlich ein Spenzer?

Das Tegernseer Dirndl ist traditionell ein zweiteiliges Spenzergwand, besteht also aus Rock, Schürze und Spenzer. Der Spenzer (benannt nach seinem Erfinder Earl Georg John Spencer) ist eine eng anliegende Jacke, die ca. 10 cm über die Taille reicht. Neben den kurzen, glatten Ärmeln haben unsere Tegernseer Spenzer stehende Schößchen. Ich verstärke sie mit Rosshaar und lege sie dann in Falten. Der Rock wird unter dem Spenzer getragen und man kann ihn in einfache Falten legen oder reihen, man trägt ihn unterm Spenzer. Den Stoff wählt die Trägerin je nach Vorliebe und Anlass. Bei der Länge, muss ich gestehen, bin ich eine Verfechterin von Röcken, die über das Knie reichen. Obwohl es natürlich auch Frauen gibt, die so schöne Beine haben, dass auch ein Gwand gut ausschaut, dass oberhalb des Knies endet...

Bei den Details und den Farben gibt es immer wieder Spielereien und Mode-Trends – aber in Sachen Machart und Schnitt möchte ich mich nicht verbiegen.

Und was hat es mit dem Schalk auf sich?

Der Schalk ist etwas ganz Besonderes und für mich als Schneiderin die schönste Tracht. Er ist das festlichste Gewand der Frau, das sie traditionell erstmals zur Hochzeit trägt. Es ist kostbar und für besondere Anlässe bestimmt und wird auch häufig über Generationen weitervererbt. Entsprechend ist es eines der aufwendigsten Stücke und es fließen schon einmal bis zu 80 Stunden in die Herstellung – aber es ist eine Arbeit, die ich sehr liebe.

Der eigentliche Schalk ist die Jacke mit seinem speziellen Halsauschnitt, dem Garnier. Dafür braucht man in etwa 40 Meter Schalkspitze, die man in kleine Falten legt. Dann wird in einen Streifen von ca. 25 bis 30 Meter in sieben Reihen eine Schalkschnur eingesteppt und mit der Hand die Garnier gelegt. Je nach Wunsch der Trägerin, kann man kleine Rosetten formen, einen Zopf oder Quetschfalten, das ist ganz individuell. Die Ärmel werden ungleichmäßig mit der Hand gereiht – das sind schon einige Tausend Stiche pro Arm.

Den Schoß des Schalks nennt man Boschen, den man mit einem Steifleinen verstärkt, bevor man ihn in ganz kleine Fältchen legt, so dass er aussieht wie ein aufgedrehtes Pfauenrad. Der Rock ist ein recht normaler Faltenrock und dazu kommen noch Schürze und Tuch, ein Unterrock, Unterleib und ein Schmiesel, ein Latz aus Spitze, der über Brust und Rücken gelegt wird. Es ist schön zu sehen, welch Bedeutung der Schalk schließlich für die Trägerin hat – und für mich ist die schönste Aufgabe, die man sich vorstellen kann, diese besondere Tradition zu erhalten.

Impressionen

Schneidermeisterin Andrea Sankjohanser legt Hand an ihr Werk - eine fertige Jacke des Schalk, das traditionelle Festtagsgewand der Frauen im bayerischen Oberland., © Julian Rohn
Schneidermeisterin Andrea Sankjohanser

© Julian Rohn

Hier braucht man Fingerspitzengefühl und Kraft zugleich. In einem Schalk stecken bis zu 80 Stunden Handarbeit., © Julian Rohn
Beim Nähen

© Julian Rohn

Hier entstehen traumhafte Dirndl und Schalk in liebevoller Handarbeit., © Julian Rohn
Schneiderei Sanktjohanser in Kreuth

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Das Oberteil des klassischen Tegernseer Dirndlgwands., © Julian Rohn
Der Spenzer

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Egal was das Herz der Dirndlträgerin begehrt Schneidermeisterin Andrea Sanktjohanser macht es möglich - nur übers Knie muss es gehen., © Julian Rohn
Drindlstoffe

© Julian Rohn

Schneidermeisterin Andrea Sanktjohanser aus Kreuth, © Julian Rohn
Andrea Sanktjohanser Portrait

© Julian Rohn