Jagerhaus, © Der Tegernsee, Sabine Ziegler-Musiol

2. Station: Jagerhaus

(Seestraße 2)

1822 erwarb Johann Baptist Mayer, der „Wilde Jager“ von Gmund, das Metzgerhaus, Gmund Nr. 37, das seitdem „Jagerhaus“ genannt wird. Der zweigeschossige Flachsatteldachbau mit ausgreifendem verschaltem Kniestock und Balustergiebellaube wurde 1793 vom Metzger Franz Quirin Auracher erbaut. Nach mehreren Besitzerwechseln konnte die Gemeinde Gmund im Jahre 1989 das Haus erwerben und unter strengen Auflagen sanieren. Die Gemeinde überließ es den Heimatfreunden Gmund mit der Maßgabe, darin ein Museum und Haus der Kultur zu beherbergen. Die Sammlungsschwerpunkte reichen von Gmunder Ortsgeschichte, Industrie und Handwerk, Trachten und Schützen über Exponate zu Gmunder Persönlichkeiten wie dem „Wilden Jager“ bis hin zur Alltagskultur der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1996 wurde das Museum offiziell eingeweiht. In den Galerieräumen finden wechselnde Ausstellungen, Vorträge und Konzerte statt. 

Unweit vom Jagerhaus über die Seestraße und Max-Obermayer-Straße befindet sich das Thomas-Mann-Denkmal am Ufer. Die Skulpturengruppe mit Thomas Manns Hund Bauschan steht seit 2001 und wurde vom Gmunder Bildhauer Quirin Roth(1943-2020) erbaut. Am Ringsee hatte der Dichter im Sommer 1918 an seiner Novelle „Herr und Hund“ gearbeitet. 

Literarisches Zeugnis: Johann Baptist Mayer (1783-1834)

Der älteste Sohn des Jägers des Klosters und Forstwarts von Tegernsee Jakob Mayr (1752-1837) wuchs im Angermairhof in Berg, Pfarrei Egern, auf. Johann Baptist Mayer trat in die Fußstapfen seines Vaters, nachdem er 1802-1808 Grenadier beim Infanterie-Regiment, 1809 Leutnant beim Gebirgsschützenkorps gewesen war und während seiner militärischen Urlaubszeit als Jagdgehilfe in Gmund, Kreuth und Fischbachau gearbeitet hatte. 1815 wurde er als erster kgl. Revierjäger von Gmund ernannt. 

1823 heiratete er Marianna Schneider, eine Tochter des „Müllers hinter der Kirch“, die Ehe blieb kinderlos. Obwohl er als pflichtbewusster Jäger und Hüter des königlichen Eigentums galt, ging Johann Baptist Mayer durch seine unrühmlichen Taten in die Tegernseer Heimatgeschichte ein und wurde zur Hauptfigur der am 11. November 1833 ausgetragenen Jägerschlacht am Grund bei Schmerold. 

„Der Jagdgehilfe Andal Mesner von Schliersee hatte im Grenzgebiet zu Gmund einen Hirsch geschossen. Er beauftragte den Menten Sepp, einem Bauernburschen aus Hausham, das Wildprat mit dem Schlitten abzutransportieren. Jäger Mayr war schon gewarnt stellte den Sepp und brachte ihn nach Gmund. Angebunden am Stiegengeländer verbrachte der Bursch die kalte Nacht. Am Morgen brachte Mayr den vermeintlichen Wilderer nach Miesbach. Auf der Fahrt scheute das Pferd, der steif gefrorene Menten Sepp konnte sich nicht mehr halten und stürzte vom Schlitten. Mayr schoß ihm in den Rücken und ließ den Sterbenden zurück. Menten Sepps Freunde schworen Rache. Es vergingen sieben Jahre bis Johann Mayr bei der berüchtigten Jägerschlacht am 11. November 1833 schwer verletzt wurde und nach längerem Siechtum am 1[6]. Februar 1834 starb.“ (Eisenburg, Originale und Persönlichkeiten, S. 37)

Die Geschichte des „Wilden Jagers“ von Gmund ist in Literatur und Volksmund eingegangen. Zwei Zeitgenossen Mayers, der Dichter Franz von Kobell (1803-1882) und der Chronist Joseph Obermayr (1820-1892), erwähnen den Revierjäger in ihren Werken (Mundart-Gedicht „Der Hausl’ vo’ Finsterwald“, 1852; Chronik „Die Pfarrei Gmund am Tegernsee und die Reiffenstuel“, 1868). Darüber hinaus veröffentlichten u.a. die Schriftstellerin und Journalistin Marie Schmidt von Ekensteen(1847-1920) eine „wahre Geschichte aus den bayerischen Bergen, nach größtentheils mündlichen Erhebungen ausgearbeitet“ u.d.T. „Der Hausl vo’ Finsterwald und das Ende des grimmen Forstwarts J. Mayr von Gmund“ (1893), der Dichter Ludwig Thoma (1867-1921) „Der Menten-Seppei. Eine altbayerische Wilderergeschichte“ (1937) sowie Georg Stöger-Ostin (1874-1965) die Erzählung „Blut um Blut“ (1911) bzw. den Heimatroman „Der wilde Jager von Gmund“ (1954). 

Vom kgl. Revierförster Johann Baptist Mayer sagt der Volksmund, dass bis zu ein Dutzend Wildschützen durch die Hand des Jägers fielen. Tatsächlich finden sich in den einschlägigen Quellen Hinweise von lediglich zwei getöteten Personen: Georg Trainer aus Kufstein (1816) und Josef Hagenberger aus Hausham (1826):

„Der Angermaier Hans von Gmund, der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Tegernsee Revierförster gewesen ist, hat nicht weniger wie zwölf Menschenleben auf dem Gewissen gehabt. Die Burschen hat er niedergeschossen wie die Hasen. Mensch oder Tier, das ist ihm alles eins gewesen; er hat sich nichts daraus gemacht.“ (Schmidt, S. 66, „Der kugelfeste Revierjäger“)

Weiter berichtet die Sage, der Jager sei „kugelfest“ gewesen. Durch das Einwachsenlassen einer Hostie wurde jeder gezielte Schuss am Jager vorbeigelenkt: 

„Die Wildschützen haben ihn nicht getroffen. Und wie sie ihm einmal angekonnt hätten, haben sie ihn auch nicht ganz erschlagen können. Er hat nicht sterben können und hat lang gedeutet, bis sie ihn verstanden und einen geistlichen Herrn geholt haben. Der hat ihm die Hostie aus der rechten hohlen Hand geschnitten, wo er sie am Martinstag hat eingeschoben und einwachsen lassen.“ (ebenda.)

Auch sog. „Gamskugeln“ – pfirsichgroße steinharte Gebilde aus unverdauten Futterresten oder Haaren, wie sie sich manchmal in den Mägen von Gemsen, Steinböcken oder Pferden vorfinden – dienten solchem Zweck: „Die Kugelform legte nahe genug, daß Teilchen vom Bezoarstein, unter das Kugelblei gemischt, zielsichere Kugeln ergeben mußten, oder aber, anders benutzt, den Mann kugelfest machten.“ (Bergheimat Jg. 1937, Nr. 6, S. 24)

Doch nicht nur der Jager, auch die Wildschützen verbündeten sich der Sage nach mit dem Teufel, „indem sie das heilige Brot einnarben lassen. Schießt der Jäger auf so einen, dann trifft er nur eine Kranawitstaude.“ Ihre Unverwundbarkeit reichte sogar noch weiter: „Um sich kugelfest und unsichtbar zu machen, nehmen die Wildschützen das Fingerglied eines vor der Geburt gestorbenen unschuldigen Kindes als Amulett oder sie beten dreimal das Vaterunser Wort für Wort von hinten nach vorn.“ (Schmidt, S. 66)