Zum Heiligen Kreuz, © Der Tegernsee, Sabine Ziegler-Musiol

6. Station - Kirche zum Hl. Kreuz

Abt Bernhard Wenzel ließ 1696 in „thermis Kreuthensibus“ ein steinernes Haus mit angebauter Kapelle errichten, die Kirche zum Hl. Kreuz. Sein Nachfolger Abt Quirin IV. Millon weihte die Kapelle 1707 ein, vergrößerte sie und übertrug eine im Kloster Tegernsee hoch verehrte Kreuzigungsgruppe: Schwebende Engel fangen das Blut Christi auf. Ein Holzrelief mit der Auferstehung Christi und eine Berührungsreliquie in Form einer hl. Lanze zieren die rechte Seitenwand. (vgl. Halmbacher, Bd. 1, S. 524)  


Aus einer Aufzeichnung Quirins geht hervor, dass es eine theologische Verbindung zwischen dem eisenhaltigen Wasser, für das Wildbad Kreuth bekannt ist, und dem am Kreuz vergossenen Blut Christi gibt. Im Zuge der offiziellen Weihe am 27. Mai 1710 durch den Freisinger Fürstbischof Johann Franz Eckher Frh. von Kapfing und Liechteneck wurde ein Reliquienpartikel des Bistumspatrons St. Korbinian im Altar beigesetzt – als Wertschätzungssymbol für Abt Quirin und sein Kloster. Das Kirchlein zu Bad Kreuth wurde so zum geistlichen Zentrum des Wildbades und Versammlungsort für die Kranken. 


Abseits vom Kurbetrieb lebte lange Zeit im heute nicht mehr existierenden Ökonomiegebäude der Kiem Pauli. Durch Herzog Ludwig Wilhelm unterstützt, konnte er sein Leben dem Sammeln alpenländischer Lieder und der Wiederbelebung der bayerischen Volksmusik widmen. An der Kapelle des Alten Bades, in der zu seinem Namenstag am 29. Juni 1933 (Peter und Paul) erstmals die „Deutsche Bauernmesse“ von Annette Thoma (1886-1974) erklang, erinnert noch heute eine Bronzetafel an ihn. 


Die „Deutsche Bauernmesse“ mit dem bekannten Andachtsjodler – ein untextiertes geistliches Jodellied aus Südtirol, das seinen Ursprung im Umfeld der Christmette hat – wurde von den Riederinger Sängern uraufgeführt. Das Werk fand weite Verbreitung und führte zur Renaissance des geistlichen Volkslieds in Bayern. Als Grundlage für ihre Messe nahm Thoma „alte Lieder und Weisen aus dem bayerisch-österreichischen Alpenland“ und unterlegte ihnen neue, selbstverfasste Texte in gemäßigter bairischer Mundart. 


Im Vorwort zur „Bauernmesse“ schreibt Annette Thoma: „Niemand konnte ahnen, dass die anspruchslose, nur uns zugedachte Messe über diesen kleinen Kreis hinauswirken sollte. Sie nahm wie von selber ihren Weg zu kleinen stillen Messfeiern in Dorfkirchen und Bergkapellen, beim Engelamt, in der Heiligen Nacht, aber sie wurde auch weit fortgeholt in Klöster und Krankenhäuser, Lager und Gefängnisse, zur Fürstenhochzeit wie zur Kriegstrauung, Schulkinder sangen sie und Soldaten ließen sie in Lappland erklingen und am Fuß des Mont Cenis.“ (Thoma, „Deutsche Bauernmesse“, zit. n. Vf., S. 19) 


Literarisches Zeugnis: Magdalene Pauli alias Marga Berck
Die als Tochter eines hanseatischen Großkaufmanns in Bremen geborene Magdalene Pauli alias Marga Berck (1875-1970) heiratete 1896 den späteren Direktor der Hamburger Kunsthalle, Prof. Dr. Gustav Pauli (1866-1938). Ihre Mädchenbriefe der Jahre 1893-96 an ihre Freundin Bertha veröffentlichte sie 1951 u.d.T. „Sommer in Lesmona“. Die Geschichte einer unerfüllten Liebe in Form eines Briefromans wurde ein großer Erfolg und 1985 unter der Regie von Peter Beauvais mit Katja Riemann in der Hauptrolle von Radio Bremen verfilmt. Einige der Ereignisse spielen auch in der Sommerfrische in Wildbad Kreuth. 
Im Brief vom 10. Juli 1893 schreibt die Protagonistin Matti aus Bad Kreuth: 
„Nun sind wir wieder im geliebten Kreuth, das doch meine zweite Heimat ist. Immer wenn ich die Blau-Berge ansehe und ihre wunderbare Linie oben gegen den Himmel, dann werde ich ganz andächtig. Nirgends so wie hier kann ich an alles das denken, was Pastor Portig uns beiden beim Abschied gesagt hat. Ich ging auch sofort in die kleine Kapelle mit den weißen Holzbänken. Wenn man hinter den Altar geht, liegt da in einer Grotte, aus Wachs modelliert, Christus im Sarge. Es erschüttert mich immer wieder so, wie Du es Dir gar nicht vorstellen kannst.“ (Berck, S. 16)


Der Schriftsteller Thomas Mann äußerte sich rückblickend sehr zustimmend über den Roman: Ihn sprachen neben der „Lebensechtheit und [...] unwillkürlichen Gesellschaftskritik“ von Marga Bercks Briefen auch die gemeinsamen Erinnerungen in Wildbad Kreuth an, das für sie beide eine „zweite Heimat“ gewesen war. Während Thomas Mann 1927 in Wildbad Kreuth den ‚Ischtar‘-Abschnitt des ersten Teils seiner Romantetralogie „Joseph und seine Brüder“ geschrieben hatte, um vom Freitod seiner jüngst verstorbenen Schwester Julia hinwegzukommen, hatte er dort ausgedehnte Spaziergänge mit Marga Bercks Ehemann Gustav unternommen. (vgl. Heißerer, S. 27f.)